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Digitale Transformation und Agilität

Dem Silicon Valley haben wir nicht nur die Filterblase, den Shitstorm und das Binge Watching zu verdanken, sondern auch das Management-Buzzword „Agilität“. Schaut man im guten, alten Duden nach, bedeutet „agil“ so viel wie „regsam und wendig“ oder „von großer Beweglichkeit zeugend“. Wikipedia beschreibt „Agilität“ als „Merkmal des Managements einer Organisation, flexibel und darüber hinaus proaktiv, antizipativ und initiativ zu agieren, um notwendige Veränderungen einzuführen“. Wenn man bedenkt, dass wir in einer Zeit leben, in der die Digitalisierung ganze Branchen umwälzt, ist es nicht verwunderlich, dass sich Unternehmen wünschen, agil agieren zu können.

Ursprünglich stammt der Begriff aus der Software-Entwicklung. In den 90er Jahren setzten sich hier angesichts immer komplexerer Programme neue Formen der Projektarbeit durch. Lange Planungsphasen und hierarchische Strukturen wichen kurzen Entscheidungswegen und iterativen, inkrementellen Verbesserungsschleifen. Mittlerweile haben agile Arbeits- und Managementmethoden in vielen Branchen Einzug gehalten – zumindest als Leitidee und Vision.

Insofern ist es nicht überraschend, dass der Begriff auch im „Industry 4.0 Maturity Index“ der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) auftaucht. Bei der Studie handelt es sich um einen strategischen Leitfaden, der Industrieunternehmen unterstützen soll, die digitale Transformation erfolgreich zu meistern. Veröffentlicht hat acatech sie im vergangenen Jahr. Eine Zusammenfassung findet sich hier.

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Langzeitziel: Das lernende, agile Unternehmen

Wie wichtig der Begriff den Verfassern – einem Pool aus mehr als 50 Wissenschaftlern und Firmenvertretern – ist, wird schon im Vorwort deutlich. „Das übergeordnete Ziel ist das lernende, agile Unternehmen, das sich einer wandelnden Umwelt kontinuierlich anpassen kann“, schreibt der ehemalige acatech-Präsident Henning Kagermann, der seit Jahren großen Einfluss auf die deutsche Industriepolitik ausübt. Später heißt es, Agilität sei „die zentrale Fähigkeit für Unternehmen in Industrie 4.0“ und eine „strategische Erfolgseigenschaft“.

Was ist also Agilität? Geht es nach der acatech-Studie, ist damit die Fähigkeit gemeint, „in Echtzeit“

Veränderungen im Unternehmen vornehmen zu können“. Damit können kleine Anpassungen des Produktionsprozesses oder grundlegende Veränderungen wie die des Geschäftsmodells gemeint sein. Wichtig ist die Schnelligkeit der Umstellungen. Um zu verdeutlichen, wie man solche Prozesse beschleunigen kann, arbeiten die Verfasser mit einem Modell. Bevor einem Ereignis – sei es der Ausfall einer Anlage oder Kundenwünsche an ein Produkt – eine entsprechende Maßnahme folgt, unterläuft ein Unternehmen mehrere Zwischenschritte. Es erhebt Daten über das Ereignis, analysiert sie, leitet (Gegen-)Maßnahmen ein und sorgt dafür, dass sie ihre Wirksamkeit entfalten. Zwischen jedem dieser Schritte gibt es „Latenzen“, umgangssprachlich: Verzögerungszeiten. Will ein Unternehmen also an der eigenen Agilität arbeiten, muss es diese Latenzen verkürzen.

Zum Beispiel Augmented Reality

Echtzeiterfassung, Big-Data-Analyse, maschinelles Lernen oder die horizontale und vertikale Integration von Prozessen können dazu einen Beitrag leisten. Es ist also – anders formuliert – die Industrie 4.0 mit ihren technologischen, organisatorischen und kulturellen Elementen, die es Unternehmen ermöglicht, Latenzen abzubauen. Als Beispiel für eine Zukunftstechnologie mit dem Potential, die Agilität eines Unternehmens zu erhöhen, nennen die Verfasser „Augmented Reality“. Die Visualisierungstechnologie bietet Mitarbeitern die Möglichkeit, digitale Daten einfach und intuitiv mit der Wirklichkeit vor Ort in Verbindung zu setzen. Science-Fiction-Fans kennen sie aus den „Terminator“-Filmen mit Arnold Schwarzenegger.

Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts

Doch wie kommt ein Unternehmen an diese Daten? Nötig ist dafür laut acatech die digitale Erfassung aller Unternehmensprozesse. Sie ist die entscheidende Voraussetzung für Industrie 4.0 im engeren Sinne und damit auch für eine agile Unternehmensführung. Dafür muss man zum Beispiel in der Herstellung jede Anlage mit Sensoren ausstatten, die alle auftretenden Prozesse aufzeichnen. Mit der entsprechenden IT werden diese Daten dann zentral erfasst und analysiert, um Zukunftsszenarios zu modellieren und die Unternehmensführung danach auszurichten.New call-to-action