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Warum die Digitalisierung in Deutschland nicht voran kommt

Stillstand. Stagnation. Innovationsstau. Das sind die Begriffe, die mir einfallen, wenn ich den „Monitoring-Report Wirtschaft Digital 2018“ lese. Danach liegt der Digitalisierungsgrad der deutschen Wirtschaft bei 54 von 100 möglichen Punkten. Genauso viel wie im Vorjahr. Und ein Punkt weniger als 2016.

Die Digitalisierung ist ins Stocken geraten

Nun muss man wissen: Der „Monitoring-Report“ ist nicht eine halbgare Umfrage von irgendeiner Lobbygruppe, sondern einer der wichtigsten und fundiertesten Studien seiner Art. Jedes Jahr erarbeiten die Meinungsforscher von Kantas / TNS und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim diesen Gesamtüberblick über den digitalen Status Quo der deutschen Wirtschaft. Auftraggeber ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Man darf vermuten, dass dem Ministerium lieber wäre, blühende Digitalisierungslandschaften zu versprechen statt dieses ernüchternde Ergebnis zu sehen.

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Woran liegt es?

Jedenfalls nicht an mangelnder Einsicht. So geben 46 Prozent der Befragten an, die Digitalisierung für wichtig oder sehr wichtig halten – rund zehn Prozent mehr als 2017. 32 Prozent der Befragten und damit acht Prozent mehr als im Vorjahr finden, dass die Digitalisierung einen sehr starken oder äußerst starken Einfluss auf ihren geschäftlichen Erfolg hat.

Woran liegt es wirklich?

Einen ersten Hinweis gibt der Blick auf einzelne Branchen. Der Spitzenreiter ist – na klar – die IKT-Branche. In der Finanz- und Versicherungsbranche erwarten die Befragten in den nächsten Jahren einen Digitalisierungsschub. Dagegen hinkt der Fahrzeugbau, eine der wichtigsten Branchen in Deutschland, seit Jahren hinterher. 40 Punkte beträgt die digitale Reife derzeit, und nur langsam ist Besserung in Sicht. Immerhin: Schaut man auf Industrieunternehmen insgesamt, sind stetige Fortschritte zu verzeichnen. Betrug die digitale Reife der Branche 2016 noch 39 Punkte, erhöhte sie sich dieses Jahr auf 45 und soll in Zukunft weiter steigen.

Zudem fragt der Report den Gebrauch einzelner Technologien ab. Dieses Jahr stand die künstliche Intelligenz im Vordergrund. Zwar hat sich ihr Einsatz innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt, liegt damit aber gerade einmal bei fünf Prozent. „Wir müssen aufpassen, dass man demnächst nicht nur noch nach China fährt, wenn man das Neueste im Bereich künstliche Intelligenz erfahren will“, wird Co-Studienautor Tobias Weber von Kantar TNS im Handelsblatt zitiert. Auch bei anderen Zukunftsthemen wie Big Data, Industrie 4.0 oder Blockchain tun sich deutsche Unternehmen bei der Implementierung schwer.

Es gibt natürlich auch hier die digitalen Musterschüler. So zählen die Autoren 6,7 % der befragten Firmen zu den digitalen Vorreitern, dessen digitale Reife mindestens 81 Punkte beträgt. Doch das Gesamtbild ist enttäuschend, zumal internationale Vergleichsstudien immer wieder vorführen, dass es auch anders geht. So zeigt eine aktuelle Studie der Boston Consulting Group, dass Deutschland im Vergleich zu den Vereinigten Staaten weniger Firmen hat, die der digitalen Avantgarde zuzurechnen sind – und dafür umso mehr, die zu den Nachzüglern gehören.

Eigentlich könnten wir uns bei NetPress darüber freuen. Der Report zeigt ja schließlich, dass es genug Arbeit für uns gibt. Voraussetzung dafür allerdings ist, dass es nicht nur bei der Einsicht bleibt.

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Headerbild: AdobeStock © lucato